BDAT bei der AddA-Tagung in Jena

Zwischen Kulturschlachthof und Frühromantik

Eine kleine BDAT-Delegation hat am ersten Adventswochenende beim diesjährigen Treffen der Arbeitsgemeinschaft der deutschsprachigen Amateurtheaterverbände (AddA) Einblicke in die vielfältig engagierte, demokratisch und bürgerschaftlich getragene Kulturlandschaft Jenas erhalten. Frank Grünert, Vizepräsident des BDAT, Irene Ostertag, Geschäftsführerin, und Stephan Schnell, Referent für Bildung und Internationales, trafen dort auf Delegierte der Bundesarbeitsgemeinschaft Spiel & Theater (BAG), des Südtiroler Theaterverbandes (STV), des Österreichischen Bundesverbands außerberuflicher Theater (ÖBV) und des Zentralverbandes Schweizer Volkstheater (ZSV).

Die AddA trifft sich seit ihrer Gründung im Jahr 1972 jährlich auf Einladung einer der beteiligten fünf Verbände. Die Tagungen dienen dazu, den internationalen Fachaustausch zu pflegen, aktuellen Tendenzen, Gemeinsamkeiten und Verschiedenheiten im Amateurtheater Deutschlands, Südtirols, Österreich und der Schweiz nachzuspüren, in Gesprächen über nationale Grenzen hinweg voneinander zu lernen, Kooperationsprojekte anzustoßen und weiterzuentwickeln sowie Geselligkeit zu pflegen.

Die BAG richtete die Begegnung dieses Jahr aus. Bei einem Spaziergang und Gesprächen mit engagierten Kulturschaffenden in Jena entstand ein lebendiges Bild der dortigen Kulturszene. Der Weg führte zum „Kulturschlachthof“, ein mit großer Eigenleistung von freien Theaterschaffenden und Amateurtheaterschaffenden umgebauter und jetzt neu eröffneter Ort, zum Kinder- und Jugendzirkus Jena und zum soziokulturellen Club und Veranstaltungshaus „Kassablanca“. Schnell wurde sehr deutlich: Diese Orte und die dort gestaltenden Kunstschaffenden leisten einen wesentlichen Beitrag für ein gutes Miteinander der Stadtgesellschaft und für eine demokratisch geprägte Auseinandersetzung mit den Mitteln von Kultur, die existentiell für ein funktionierendes Gemeinwesen sind. Ebenso klar wurde in den Gesprächen, dass eine ausreichende Finanzierung sowie Förderungen in Zeiten knapper kommunaler Kassen immer schwieriger werden und hier politischer Handlungsbedarf besteht.

Auch der Besuch der Vorstellung „Die kleinen Spitzen des Glücklichseins“ im Theaterhaus Jena war Teil des Programms. Mit einem packenden Vortrag führte Max Pommer, Leiter des Romantikerhauses, die AddA-Versammelten in die Entwicklung der Frühromantik in Jena ein. Er stellte ihre miteinander verstrickten Protagonist*innen vor, unter anderem August, Friedrich Wilhelm und Caroline Schlegel, Ludwig Tieck, Dorothea Veit und Novalis („Wir suchen überall das Unbedingte, und finden immer nur Dinge“), und ordnete die (Früh-)Romantik als literarische Strömung der Moderne ein. Sie stellt eine wichtige Ergänzung zu der gleichzeitig wirkenden Aufklärung dar. Mit dem Geist der Romantik, der Suche nach dem „Unbedingten“, als ergänzendes Momentum für die Entwicklung des aufgeklärten Menschen, konnten die AddA-Tagenden den mentalen Bogen zum Thema Demokratie und ihren Bedrohungen durch antidemokratische Tendenzen schlagen. Der Erfahrungsaustausch hierzu war Teil der Arbeitssitzung im Theaterhaus Jena, ebenso Verabredungen zum gemeinsamen Jugendtheaterprojekt „Babylon“ (nächste Durchführung 2027) und zum Train-the-Trainer Fortbildungsprojekt „Interkurs“.

Ganz demokratisch wurde in der Runde über die Zutaten des Mittagessens abgestimmt – in einer Version eines „Flying Kitchen“-Projekts von Werner Brunngräber und Team. Abschließend lud der ÖBV zur nächsten Tagung ein: Sie führt die Beteiligten Ende November 2026 in die Theaterstadt Salzburg.