
Der Bund Deutscher Amateurtheater (BDAT) schrieb 2010 zum ersten Mal einen bundesweiten dotierten Preis für folgende Sparten aus:
- // Schauspiel
- // Kinder- und/oder Jugendtheater
- // Seniorentheater
- // Musik-und Tanztheater
- // Freilichtbühnen
- // Lebenswerk
Das Preisträgerfestival zum Deutschen Amateurtheaterpreis 2010 fand vom 16. – 18. September 2010 in Berlin statt.
Sparte Schauspiel
SteinhausTheater Bautzen (Sachsen) //
„Der Selbstmörder“ von Nikolai Erdman
// Das Stück
Ein alltäglicher kleiner Ehekrach um einen banalen Gegenstand der Begierde löst in einer Kleinstadt hektische Betriebsamkeit aus. Der arbeitslose Semjon Podsekalnikow äußert erregt zu seiner Frau: „Soll ich krepieren, ja?“ – und sie nimmt das ernst.
Das spricht sich schnell herum. Die Mitbürger erhoffen sich Profit aus der angekündigten Tat und stürmen die Wohnung. Podsekalnikow soll seine Seele für die profanen Zwecke der anderen verkaufen. Da ist keine Peinlichkeit zu groß und ein umtriebiger Möchtegern-Unternehmer sammelt (gegen Gebühr) die begehrten Abschiedsbriefe ein, von denen nur einer vom Selbstmörder in spe unterzeichnet wird. Aber wohin geht die Seele nach dem Tod? Podsekalnikows unfreiwillige Berühmtheit endet für alle mit einer einleuchtenden aber fatalen Erkenntnis…
Nikolai Erdman schrieb seine satirische Komödie 1927 in der turbulenten und hoffnungsvollen Zeit vor Stalins Allmacht. Sie hat noch immer groteske Aktualität.
// Das Ensemble
„Eine kleine Gruppe Amateure schickt sich an, in einer Kleinstadt gegen Fernsehkultur und Lustlosigkeit anzutreten.“ (Zitat aus der Homepage)
Das Steinhaustheater wurde 1993 im „Steinhaus e. V.“, einem soziokulturellen Zentrum, gegründet. Rund 20 Spielerinnen und Spieler im Alter zwischen 17 und 65 Jahren, aus unterschiedlichsten sozialen Zusammenhängen, sind hier aktiv. Kontinuierliche Arbeit, Zeit für Entdeckungen, körperlich betontes Spiel bis hin zur Groteske, ohne Effektmanie, kein trügerisch aufwendiges Bühnenbild, sondern der Darsteller im Zentrum, das Publikum die Peripherie – so lautet die Maxime, kurz: intelligentes Volkstheater, das nach schwerer Arbeit leicht daher kommt! Vom ersten Lesen bis zur Premiere arbeitet die Gruppe ein bis anderthalb Jahre. Pro Inszenierung gibt das Ensemble ca. 20 Vorstellungen. Dabei sind sich die Akteure einig: mit Herzblut, Schweiß und echten Tränen wollen sie in der Amateurtheaterszene neue Maßstäbe setzen.
Sparte Kinder- und Jugendtheater
Piccolo Theater Inszenierungsclub Cottbus (Brandenburg) //
„Die Gitter schweigen“ von Ensemble & M. Heine
// Das Stück
In der DDR wurde Jugendlichen wenig Raum zugestanden, sich selbst und andere in Frage zu stellen. Davon zeugt insbesondere der Umgang mit solchen Jugendlichen, die von Vornherein nicht ins Bild passten. Die wohl härteste Jugenderziehungseinrichtung in der DDR war der GJWH Torgau. Der geschlossene Jugendwerkhof diente als strafvollzugsähnliche Disziplinierungseinrichtung des Jugendhilfesystems der DDR. Kinder und Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren wurden hier eingewiesen, wenn sie den strengen Normen der sozialistischen Persönlichkeitsentwicklung nicht entsprachen. Sie hatten keine Straftaten begangen. Ihr Problem war, dass sie aus schwierigen Familien stammten, sich nicht an den zugewiesenen Arbeitsstellen einfügen konnten oder dass sie die falsche Musik hörten. Für tausende von unbequemen DDR-Jugendlichen wurde der geschlossene Jugendwerkhof zum Synonym für Angst, Drill und Strafe. Mit dem Stück ist der piccolo Jugendclub – 20 Jahre nach Mauerfall – diesen Jugendlichen und ihren Geschichten auf der Spur.
// Das Ensemble
Der Theaterjugendclub ist Teil des theaterpädagogischen Angebotes des piccolo Theaters. Hier spielen Jugendliche zwischen 14 und 21 Jahren Theater, die schon mehrere Jahre in anderen piccolo Gruppen aktiv waren, aber auch neue Mitglieder sind stets willkommen.
Jedes Jahr wird ein Theaterstück inszeniert, das im regulären Spielplan des Theaters erscheint und sich mit Themen der Jugend beschäftigt. Seit 2006 leitet Matthias Heine den Jugendclub. Mit der Inszenierung „Verlorene Kinder“ wurde die Gruppe 2007 zum „Bundestreffen Jugendclubs an Theatern“ eingeladen, für das Stück „Wer Robert Gernhardt – wird ihn lieben“ gewann die Gruppe den Pegasus in der Sparte Theater bei den Cottbuser Kleinkunsttagen. Die erfolgreiche Arbeit konnte 2009 mit der Produktion „Die Gitter schweigen“ fortgesetzt werden.
Die Jugendlichen bringen ausschließlich Eigenproduktionen zur Aufführung. Dabei wird viel Wert auf Eigeninitiative gelegt, so werden die Texte und Inszenierungsideen gemeinsam erarbeitet.
Sparte Seniorentheater
Seniorentheater in der Altstadt (SeTA Düsseldorf) (Nordrhein-Westfalen) //
„Die Kleinbürgerhochzeit“ von Bertolt Brecht
// Das Stück
Man feiert eine Hochzeit. Es wird gegessen, getrunken, gelacht und erzählt. Vor allem der Vater der Braut erzählt eine Geschichte nach der anderen, während die Mutter des Bräutigams den Kabeljau auftischt. Es ist eine kleine Hochzeitsgesellschaft; nur die engsten Freunde und Verwandten sind eingeladen. Und genau das lässt den Freudentag in ein Chaos ausarten. Der Bräutigam ist eifersüchtig auf seinen Freund, die Schwester amüsiert sich mit dem jungen Mann, und die Frau verrät, dass die Braut schwanger ist. Als dann auch noch die selbst gebauten Möbel des Bräutigams nach und nach zusammenbrechen, eskaliert die Feier.
Eine pikant-böse Milieustudie, 1926 in Frankfurt/Main uraufgeführt.
// Das Ensemble
Das SeTA (Seniorentheater in der Altstadt) wurde 1989 von Ernest Martin, dem Theaterleiter des JuTA (Junges Theater in der Altstadt) und dem Regisseur Wolfgang Caspar ins Leben gerufen. Jedes Jahr eine neue Inszenierung und eine überaus positive Resonanz bei Medien und Publikum sowie Gastspiele im In- und Ausland sind die Bilanz einer intensiven Theaterarbeit unter professioneller Leitung.
Das SeTA, bestehend aus 26 Frauen und 12 Männern, wurde bereits durch den „Fonds Darstellende Künste“ und den „Fonds Soziokultur“ gefördert. Eine regelmäßige Förderung erhält das SeTA durch das Kulturamt der Stadt Düsseldorf.
Auch 2010 setzt der Verein seine erfolgreiche Arbeit fort. Aktuell werden zwei Inszenierungen vorbereitet. Das preisgekrönte Stück „Silverday“ von Almut Baumgarten kommt am 30. September 2010 im Schauspielhaus Hamburg beim Festival Herzrasen zur Uraufführung. Die Eigenproduktion „Blind sein“ feiert am 7. Januar 2011 bei den Kammerspielen des „Forum Freies Theater Düsseldorf“ seine Premiere.
Sparte Musik- und Tanztheater
Leipziger Tanztheater Juniorcompany der Älteren (Sachsen) //
“ Verschränkungen“, frei nach der literarischen Vorlage „der Idiot“ von Fjodor Dostojewski
// Das Stück
Der im unüberschaubaren Alltag überforderte Mensch versucht seine Pflicht. Eine Reise von Irgendwo nach Irgendwo. Wer kennt schon die eigene, geschweige denn die des Anderen. Schnelllebige Ablenkungen erschweren den Blick auf das Eigentliche. Und dann gibt es einen, dem alle Herzen zufliegen, dem Sehnsüchte, Leidenschaften und Gefühle anvertraut werden in einem sonst kommunikationslosem Alltag. Doch was nützt es, diese Sehnsüchte zu sehen und nicht zu begreifen…
Die Frage nach der Originalität eines Menschen und ob man diese für Geld kaufen kann, spielt in dem zeitgenössisch-modernen Tanztheaterprojekt mit Gruppen- und Solochoreografien eine besondere Rolle.
// Das Ensemble
Das Leipziger Tanztheater (LTT) ist zum einen Ausbildungsstätte für zeitgenössischen Tanz und zum anderen Produzent von neuen Tanzstücken. Bereits 1967 gegründet, ist das LTT eines der ältesten Tanztheater in Deutschland und hat sich als fester Bestandteil der Leipziger Kulturlandschaft etabliert. Rund 350 tanzbegeisterte jungen Menschen sind hier derzeit aktiv. Das LTT unterhält drei Companies, die im eigenen Tanzhaus trainieren. In der Juniorcompany der Älteren trainieren 14-18-jährige Jugendliche zweimal wöchentlich in Klassischem und Modernem Tanz. Unter der künstlerischen Leitung von Bettina Werner erarbeiten sie alle zwei Jahre ein abendfüllendes Tanztheaterstück, das in Leipzig wie auch bei nationalen und internationalen Festivals aufgeführt wird.
Sparte Freilichttheater
Freilichtbühne Coesfeld (Nordrhein-Westfalen) //
„Vanity Fair“, Buch/Musik Claus Martin, frei nach W. Makepeace Thackeray
// Das Stück
Becky Sharp hat alles, was man sich wünschen kann. Sie ist jung, schön und klug. Leider fehlen ihr jedoch gesellschaftliche Beziehungen und der notwendige Adelstitel. Ausgestattet mit nichts anderem als Talent versucht sie, in der Londoner High Society Karriere zu machen. Nachdem mehrere Versuche aufzusteigen, u. a. durch eine vorteilhafte Hochzeit, misslingen, beschließt sie, andere Wege einzuschlagen. Je skrupelloser sie wird, desto mehr Erfolg hat sie. Und sie lernt schnell…
Gier, Eifersucht und Eitelkeit sind die entscheidenden Triebfedern in dieser bösartigen Gesellschaftssatire des 19. Jahrhunderts. Thackerays Roman ist eines der meist gelesensten Werke der englischsprachigen Literatur.
// Das Ensemble
Spielfreude bei jeder Wetterlage demonstriert diese traditionsreiche Bühne. Im Jahr 1951 gegründet, brachte die Freilichtbühne Coesfeld seitdem sowohl bekannte Welt-Musicals wie „West Side Story“, „Hair“ oder „Jesus Christ Superstar“ als auch deutsche Musicals wie „Linie 1“ oder „Elixier“ zur Aufführung. Auch die Uraufführung des Stückes „Teuflische Göttinnen“ (2004) nach dem Film „Club der Teufelinnen“ wurde ein großer Erfolg. Dem folgten weitere Uraufführungen, darunter 2009 die Produktion „Vanity fair“.
Während die Akteure sowohl auf als auch hinter der Bühne ausschließlich Amateure sind, besteht das künstlerische Team aus professionellen Künstlern, die an der Freilichtbühne die Möglichkeit haben, sehr frei zu arbeiten und ihre Ideen umzusetzen. Die erfolgreiche Mischung hat sich bewährt und sorgt kontinuierlich für hohe Spielfreude und Qualität. Die Freilichtbühne Coesfeld versteht sich als eine Gemeinschaft für engagierte Theaterfreunde, bei der Spaß und Leidenschaft im Vordergrund stehen. Mit Begeisterung werden neben den Erwachsenenstücken auch die Kindermärchen und –musicals wie „Die kleine Hexe“ oder „Der kleine Tag“ aufgenommen. Seit 1970 geht die Freilichtbühne in der Vorweihnachtszeit mit einem Märchen auf Tournee und ist so über Generationen hinweg – auch im Winter – für viele Familien zu einer festen Institution geworden.
Sparte Lebenswerk
Renate Lichnok //
Theater „die SCHOTTE“, Erfurt (Thüringen)
// Zur Person
Als Diplompädagogin mit den Fachrichtungen Deutsch und Kunst entwickelte Renate Lichnok (Jg. 1943) schon während ihrer Lehrertätigkeit Theaterambitionen. Im Jahr 1987 gründete sie das Jugendtheater Ti(c)k, 1990 baute sie das Theater SCHOTTE an der Schülerakademie Erfurt auf und übernahm in der Folge die hauptamtliche Leitung des Kinder- und Jugendtheaters. 1992 wurde die Einrichtung in Schotte e.V. umbenannt und als eigenständiger Verein geführt. Mehr als zwei Jahrzehnte engagierte sich Renate Lichnok für das Amateurtheater, dabei standen die Interessen und die Förderung von Kindern und Jugendlichen stets im Vordergrund. 2005 erhielt die Theaterenthusiastin das Bundesverdienstkreuz, 2006 ging sie in den „Unruhestand“ und ist seitdem „Rentnerin mit vielen Aufgaben“.
Schauspiel
// Steinhaustheater Bautzen: Der Selbstmörder Nikolai Erdman
// TOB – Theater ohne Bühne Neuruppin: Leonce und Lena Georg Büchner
// Cammerspiele Leipzig: Darjeeling Express nach den Filmen Wes Andersons
// Cammerspiele Leipzig: Träumer Gilbert Adair
Musik- und Tanztheater
// Leipziger Tanztheater Juniorcompany der Älteren: Verschränkungen Bettina Werner
// Tanzwerkstatt No Limit /Tanzgruppe Spatzen (Berlin): Wir Kinder vom Bahnhof Zoo Vorlage: gleichnamiges Buch
// THEATER die SCHOTTE (Erfurt): Schockheaded Peter – Böse Buben-Freche Lieder McDermott/Crouch/Jaques und von Holn/Brunngräber
// Kulturhaus Osterfeld: Elternabend Thomas Hantke/Peter Lund
// TheaterFABRIK (Gera) von Theater & Philharmonie Thüringen: heartcore – theater Albert Ostermaier
Kinder- und Jugendtheater
// piccolo theater (Cottbus) Inszenierungsjugendclub: Die Gitter schweigen Ensemble + Matthias Heine
// TheaterFABRIK (Gera)v on Theater & Philharmonie Thüringen: Drei Schwestern Anton Tschechow
// spinaTheater (Solingen): Helden Reloaded Eigenproduktion
Seniorentheater
// Seniorentheater in der Altstadt (SETA Düsseldorf): Die Kleinbürgerhochzeit Bertolt Brecht
// DIE RUNDE 70 (München): Liebe auf Umwegen – Der Heiratsantrag Anton Tschechow
// Theater der Erfahrungen (Berlin): Altes Eisen (ein Musical zum Alter) Eigenproduktion
Sparte Freilichttheater
// Freilichtbühne Coesfeld: Vanity Fair Claus Martin (Buch und Musik) frei nach dem Roman von William Makespeace Thackeray
// Freilichtbühne Coesfeld: Footloose Dean Pitchford/Walter Bobbie (Buch) u.a. Tom Snow (Musik)
// Naturtheater Heidenheim: Oliver Charles Dickens (Buch), Lionel Bart (Gesangstexte und Musik)
Sparte Lebenswerk
// Renate Lichnok
Prof. Dr. Wolfgang Schneider (Vorsitz) // Präsident der ASSITEJ, Direktor des Instituts für Kulturpolitik
Frank Grünert // Vizepräsident, BDAT
Elisabeth Clarke // Choreografin, Tanz- und Theaterpädagogin
Prof. Dr. Christel Hoffmann // Theaterwissenschaftlerin und Theaterpädagogin
Günter Jeschonnek // Geschäftsführer Fonds Darstellende Künste
Niclauss, Norbert // Referat K 22 (Musik, Darstellende Künste, Sonderbereiche) des BKM
Dr. Gerd Taube // Leiter des KJTZ, Vorsitzender der BKJ
Dr. Lars Göhmann // Bildungsreferent, BDAT
Info & Kontakt:
Bund Deutscher Amateurtheater e. V.
Melvin Neumann
amarena – Deutscher Amateurtheaterpreis
Innovationsförderung
Senior*innentheater
Lützowplatz 9 // 10785 Berlin
Fon 030 263 98 59 - 17
Fax 030 263 98 59 - 19
neumann@bdat.info
www.bdat.info
Kooperationspartner:
Verband Berliner Amateurbühnen e.V.
Förderer & weitere Partner:
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