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Ama­teur­thea­ter in der Krise

BDAT: „Pan­de­mie­hil­fen müs­sen alle Thea­ter­ver­ei­ne erreichen!“

Foto Peter Pöschl // Foto­text s. unten

// Berlin, 7. Mai 2021 //

Die Vor­hän­ge sind zu, die Publi­kums­plät­ze blei­ben unbe­setzt. Die Stim­mung im deut­schen Ama­teur­thea­ter ist ange­spannt. Spiel­plä­ne und Fes­ti­vals, Work­shops, Pro­ben und Thea­ter­be­geg­nun­gen sind größ­ten­teils ersatz­los gestri­chen, die Per­spek­ti­ve für eine Som­mer­sai­son der Frei­licht­büh­nen fehlt. Seit März 2020 anhal­ten­de Ein­nah­me­aus­fäl­le füh­ren bei den Ver­ei­nen zu teils pre­kä­ren Situa­tio­nen, die Ver­eins­kon­ten gehen in den roten Bereich.

Nach mehr als einem Jahr zeigt die Corona-Pandemie immer mehr Aus­wir­kun­gen – auch bei den außer­be­ruf­lich agie­ren­den Thea­tern. Der Bund Deut­scher Ama­teur­thea­ter (BDAT), Ver­tre­ter von 18 Mit­glieds­ver­bän­den und rund 2.500 Mit­glieds­büh­nen, weist ein­dring­lich auf eine Schief­la­ge in der Unter­stüt­zung der Ama­teur­thea­ter hin: Auf­grund der föde­ra­len Struk­tur und der Kul­tur­ho­heit der Län­der grei­fen die Förder- und Unter­stüt­zungs­me­cha­nis­men sehr unter­schied­lich. Wäh­rend Baden-Württemberger Ama­teur­thea­ter finan­zi­el­le Hil­fen erhal­ten konn­ten, gehen baye­ri­sche Büh­nen bis­her leer aus. Ver­wei­se auf reine Wirt­schafts­hil­fen des Bun­des oder der Län­der hel­fen nicht wei­ter, denn diese grei­fen bei den ehren­amt­lich geführ­ten Ama­teur­thea­tern über­wie­gend nicht.

Allein mit bür­ger­schaft­li­chem Enga­ge­ment, das in die­sen Zei­ten krea­ti­ve Wege sucht und neue künst­le­ri­sche For­men auch online ent­wi­ckelt, ist die Krise aber nicht zu bewäl­ti­gen. Des­halb appel­liert Simon Isser, Prä­si­dent des BDAT: „Die Ama­teur­thea­ter bedür­fen bun­des­weit einer Unter­stüt­zung, denn sie erfül­len Gene­ra­tio­nen über­grei­fend und nach­hal­tig wesent­li­che Auf­ga­ben in den Berei­chen Kul­tu­rel­le Bil­dung, künst­le­ri­sche Ent­wick­lung und kul­tu­rel­le Grund­ver­sor­gung. Sie sind sowohl für das sozia­le Mit­ein­an­der als auch für die Resi­li­enz der bei ihnen Enga­gier­ten gera­de in Kri­sen­zei­ten von hoher Bedeu­tung. Ama­teur­thea­ter för­dern durch ihre Tätig­keit gesell­schafts­re­le­van­te Dis­kur­se und ermög­li­chen Begeg­nun­gen jen­seits der eige­nen „Blase“. Sie tra­gen damit zur _Verständigung und gesell­schaft­li­cher Ori­en­tie­rung bei – gera­de auch in Krisenzeiten.“

Zwei Bei­spie­le zei­gen die gegen­sätz­li­che Wert­schät­zung des ehren­amt­li­chen Thea­ter­schaf­fens: Der Lan­des­ver­band Ama­teur­thea­ter Baden-Württemberg mit rund 620 Mit­glieds­büh­nen konn­te 2020 und 2021 für seine Büh­nen 564.800 Euro aus der Sofort­hil­fe für Ver­ei­ne der Basis­kul­tur beim Land abru­fen und für 2021 regu­lä­re Pro­jekt­för­de­run­gen in Höhe von 798.000 Euro im Haus­halts­plan ein­stel­len. Das Impuls­pro­gramm „Kunst trotz Abstand“ rich­te­te sich an die Kunst­sze­ne und auch an Ama­teur­thea­ter in Baden-Württemberg. Die 63 Frei­licht­büh­nen, gleich­ge­stellt mit fes­ten Thea­ter­häu­sern und Kul­tur­in­sti­tu­tio­nen, kön­nen zudem auf die För­de­rung des „Not­hil­fe­fond Kunst und Kul­tur“ als Exis­tenz­si­che­rung oder Pro­gramm­hil­fe zugrei­fen. Dage­gen erhält der Ver­band Baye­ri­scher Ama­teur­thea­ter als mit­glieds­stärks­ter Ver­band im BDAT mit rund 700 Büh­nen vom Land Bay­ern bis­lang kei­nen finan­zi­el­len Aus­gleich in der Krise. Ein Hilfs­pro­gramm des Frei­staats Bay­ern für Ama­teur­thea­ter­ver­ei­ne steht zwar aktu­ell auf dem Prüf­stand, es muss jetzt aber auch drin­gend rea­li­siert werden.

Die baye­ri­schen Lai­en­mu­sik­ver­ei­ne wer­den bspw. schon län­ger­fris­tig in der Pan­de­mie unter­stützt. „Das Hilfs­pro­gramm für Lai­en­mu­sik wird bis 30. Juni 2021 ver­län­gert, um Lai­en­mu­sik­ver­ei­nen und ihren zahl­rei­chen ehren­amt­li­chen Mit­glie­dern durch die schwie­ri­ge Zeit der Ein­schrän­kun­gen zu hel­fen“, gab der baye­ri­sche Kunst­mi­nis­ter Bernd Sibler bereits Ende 2020 bekannt. Pro Lai­en­mu­sik­ver­ein stellt der Frei­staat bis zu 1.000 Euro bereit und bis zu 500 Euro pro wei­te­rem Ensem­ble. Das ist rich­tig und wich­tig, muss aber auch für das Ama­teur­thea­ter gelten!

Posi­ti­ve Akzen­te setzt zwar das bun­des­wei­te Kon­junk­tur­pro­gramm NEU­START KUL­TUR. Der Fonds Dar­stel­len­de Küns­te initi­ier­te dar­aus das Pro­gramm­pa­ket #TakeT­hat zu Erhalt und Sta­bi­li­sie­rung der viel­ge­stal­ti­gen Frei­en Dar­stel­len­den Küns­te – finan­ziert durch die Beauf­trag­te der Bun­des­re­gie­rung für Kul­tur und Medi­en (BKM). Einen Bau­stein davon bil­det das Pro­gramm #Take­Ac­tion | Semi­pro­fes­sio­nel­le Ensem­bles, Frei­licht­büh­nen, des­sen Beglei­tung der BDAT rea­li­siert, indem er Antrag­stel­len­de berät und den Fonds Dar­stel­len­de Küns­te mit sei­ner Exper­ti­se unter­stützt. Aller­dings rich­tet sich das Pro­gramm auf­grund der föde­ra­len För­der­me­cha­nis­men aus­schließ­lich an Ama­teur­büh­nen, die bereits regel­mä­ßig mit pro­fes­sio­nel­len Künstler*innen zusam­men­ge­ar­bei­tet haben.

Viele Spät­fol­gen der Pan­de­mie in den Ama­teur­thea­tern wer­den sich erst ab 2022 zei­gen. Wenn aber mit Ein­däm­mung der Pan­de­mie im Herbst die Vor­hän­ge wie­der auf­ge­hen sol­len und im nächs­ten Som­mer die Frei­licht­büh­nen ihre Pfor­ten öff­nen sol­len, ist eines jetzt schon klar: auch die Ama­teur­thea­ter, in allen Bun­des­län­dern, benö­ti­gen finan­zi­el­le Hil­fen und poli­ti­sche Wert­schät­zung, um ihre kul­tu­rel­len und gesell­schaft­li­chen Auf­ga­be wei­ter­hin zu leisten.

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„Jetzt machen wir erstmal nichts – und dann warten wir ab“
Passender konnte der Titel in Pandemiezeiten wohl nicht sein. Auch das Altentanztheater Ensemble Zartbitter (Ludwigsburg) war 2020 mit der preisgekrönten Inszenierung beim Festival zum 6. Deutschen Amateurtheaterpreis amarena nur digital präsent.

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