Der Segen: Was mit Fördermitteln alles möglich ist
Am Anfang, vor gut sieben Jahren, war da nur die Idee eine Theatergruppe zu gründen. Die Möglichkeiten im ländlichen Raum, auf einem Dorf in Brandenburg, waren nicht sehr üppig – aber doch gut. Es gab einen Dorfverein, der die Idee unterstützte und das Amt, dass uns den Gemeinderaum zum Proben kostenlos zur Verfügung stellte. Damit konnte das Kindertheater „Schlosstheater Landin“ seine Arbeit aufnehmen und ein erstes Stück proben.
Schon bald kam allerdings der Punkt, an dem Geld plötzlich wichtig wurde. Es gab einen Mitgliedsbeitrag, aber der reichte nicht. Wir benötigten Kostüme, Scheinwerfer und eine kleine Aushängung. Das waren keine großen Anschaffungen, aber sie kosteten doch ein wenig Geld. Da ich als Theaterleiter viele Jahre im Amateurtheater engagiert war, war es schnell erledigt, unseren Landesverband um Unterstützung zu bitten. Umgehend und unkompliziert stellte dieser finanzielle Mittel zur Verfügung. Sich zu organisieren und nicht nur im eigenen Saft zu schmoren, macht also durchaus Sinn. Wir konnten unseren Kindern schöne Kostüme zur Verfügung stellen, die das Spiel unterstützten und alles farbenfroh und „professionell“ aussehen ließen.
Und es gibt durchaus noch andere Möglichkeiten, um Unterstützung zu bekommen, zum Beispiel durch den Bund Deutscher Amateurtheater e. V. (BDAT). Mit den Fördermöglichkeiten des BDAT machten wir zum ersten Mal im Jahr 2000 Erfahrungen. Damals gab es nämlich das Projekt „Landluft 2.0“ – und ich als rühriger Theaterleiter hatte das natürlich sofort auf dem Schirm. Schnell war die Idee eines Minifestivals (denn das wurde unter anderem gefördert) geboren und sehr schnell auch die Idee polnische Künstler*innen dazu einzuladen. Hier in Landin in Brandenburg sind wir etwa 15 Kilometer von der deutsch-polnischen Grenze entfernt und kannten einige polnische Künstler*innen und Gruppen bereits auf privater Ebene. Aber ein direktes Treffen dieser Art gab es noch nicht.
„Landkulturtage Landin“ nannten wir schließlich das Festival, dass der BDAT seither unterstützt. Mittlerweile handelt es sich bei der Förderung um eine sogenannte ISI-Förderung des BDAT aus Mitteln des Auswärtigen Amtes für internationale Spielbegegnungen im Inland. Für uns ist das die ideale Förderung, um unseren Austausch mit den polnischen Gruppen zu intensivieren. Im Gegensatz zu einigen anderen Förderungen ist diese unkompliziert und wird kompetent und freundlich seitens des BDAT begleitet. Das ist ein großer Vorteil, wenn man sich nicht regelmäßig mit Anträgen und Abrechnungen beschäftigt.
Auch wenn es nur kleine Summen waren, ermöglichte die ISI-Förderung uns immer wieder polnische Gruppen zu unseren inzwischen fünf Festivals einzuladen. Und: Das war immer eine echte Bereicherung des Festivals – nicht nur, weil die Gruppen immer erstklassiges Amateurtheater zeigten, sondern auch, weil das Festival zu einem richtigen Erlebnis wurde. Unsere Spielerkinder konnten sehen, was möglich ist und ihren Horizont erweitern, aber auch für die Besucher*innen aus dem Dorf, die sich plötzlich in einer Kulturwelt des Theaters wiederfanden, die sie so nicht kannten, war der interkulturelle Zuschnitt des Festivals eine bereichernde Erfahrung.
Bereichernd war auch, dass alle eine Kulturkirche kennenlernen konnten, die es ohne unseren Theaterverein nicht gäbe. Sie ist durch die Fördermittel inzwischen relativ gut mit Technik ausgestattet und daher vielseitig nutzbar. Die Kulturkirche haben wir vom Gemeindekirchenrat zur Verfügung gestellt bekommen, weil die Kirche eigentlich nicht mehr genutzt wird und wir mittlerweile mehr machen als nur ein Kinderstück im Jahr. Zudem finden dort mittlerweile neben den „Landkulturtagen“ auch andere Veranstaltungen wie Lesungen oder Konzerte statt. Auch ein deutsch-polnisches Weihnachtsfest gibt es inzwischen. Das hat, wie auch die „Landkulturtage“, in unserer Region ein Alleinstellungsmerkmal.
Im nächsten Jahr können wir vielleicht ohne die ISI-Förderung auskommen, weil die Projekte sich selbst tragen. Die BDAT-Förderungen verstehe ich als Anschubfinanzierung, die es uns bisher ermöglicht haben, hier im ländlichen Raum unter schwierigen Bedingungen etwas langfristig Erfolgreiches aufzubauen, was zum Austausch der Kulturen zweier Länder beiträgt. Und der Kulturaustausch ist aus meiner Sicht zurzeit eine der wichtigsten gesellschaftlichen Aufgaben.
Die Finanzierung trägt zudem auch zum direkten Austausch der Akteur*innen untereinander bei. So konnten wir bereits zwei Workshops mit einer polnischen Schauspielerin für unsere Kinder anbieten, die sehr gut angenommen wurden. Zum einen ging es dabei um Tanz und zum anderen um Körperhaltung auf der Bühne. Angelegt als Grundlagenworkshop konnte so eine interkulturelle Lehrerfahrung stattfinden. Langfristig profitieren nicht nur wir als Theater davon, sondern ganz kurzfristig auch die Kinder. Sie lernen, was man mit dem Körper alles auf der Bühne, aber auch im privaten Bereich machen kann. In einer Inszenierung unserer Theatergruppe konnten wir schließlich eine Choreografie einbauen, die eine polnische Künstlerin mit unseren Kindern einstudierte.
Gefördert wurden diese Workshops vom Landesverband Brandenburg, dessen Förderschwerpunkt auf Weiterbildung liegt. Die Mitgliedschaft beim Landesverband für Amateurtheater ist nicht nur für eine günstige Versicherung gut, sondern auch, weil man bei Problemen – auch in Sachen Geld – immer Ansprechpartner*innen hat. Außerdem ist man als Bühne dann auch unmittelbar Mitglied beim BDAT und kann auch dort auf Ansprechpartner*innen zurückgreifen.
Langfristig ist ein gemeinsamer Workshop, ein gemeinsames Projekt der polnischen und deutschen Theatergruppen angedacht, für den momentan die Vorbereitungen laufen, um in Polen Kinder passenden Alters zu finden. Vielleicht entsteht daraus dann tatsächlich ein gemeinsames Theaterprojekt. Mittlerweile wissen wir in Landin: Alles ist möglich!
Der Fluch: Herausforderungen auf dem Weg zur Förderung
Aber bevor bei einem Projekt Geld fließt, heißt es: Fördermittelantrag stellen. Das ist für einige schon eine Hürde, die sie sich nicht zu nehmen trauen – sei es wegen der langatmigen Antragstellung oder der komplizierten Abrechnung. Beides ist, zumindest beim BDAT, nicht so schlimm, wie es aussieht.
Als ich beim ersten Mal vor der Entscheidung stand einen Antrag zu stellen, habe ich auch gezögert. Schließlich habe ich einfach eine Mail an den BDAT geschrieben und gefragt, was machbar ist. Dabei habe ich kurz unser Projekt beziehungsweise die Idee skizziert und in etwa einen finanziellen Rahmen genannt. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten, war nett und gut erklärt. Bevor ich dann aber einen Antrag ausfüllte und mich an einen detaillierten Kostenplan setzte, gab es noch ein Telefongespräch mit der zuständigen Sachbearbeiterin beim BDAT. Ich konnte den Antrag ausfüllen und zur Prüfung einreichen. Das heißt, dass ich alle Fehler in Ruhe und verständlich korrigieren konnte, bevor ich den Antrag mit Unterschrift per Post an den BDAT geschickt habe. Das war eigentlich alles recht einfach.
Etwas komplizierter wurde es bei der Abrechnung. Im Fall der ISI-Förderung kommen die Vorgaben vom Auswärtigen Amt und sie sind damit bürokratisch hoch drei. Aber auch hier bekam ich Hilfe vom BDAT, sodass es am Ende recht verständlich war, die Abrechnung auszufüllen. Ähnlich gut machbar waren auch die Fördermittelanträge und -abrechnungen beim Landesverband. Sicher gibt es andere Geldgeber, bei denen es komplizierter oder aufwendiger ist, aber auch dort braucht man keine Scheu zu haben nachzufragen, denn ich denke, dass alle ein offenes Ohr haben für Antragsteller, die das ehrenamtlich und eben nicht so oft machen.
Unterm Strich lohnt sich die ganze Mühe schon, wenn es darum geht, Fördermittel für seine Theatergruppe zu akquirieren. Ohne finanzielle Unterstützung ist es schwer zu überleben. Es kann funktionieren, aber auf einige Projekte muss man vielleicht verzichten. Wir haben immer versucht für jedes Projekt Unterstützung zu bekommen. Unsere Vorteile waren dabei sicherlich zum einen unsere Verortung im ländlichen Raum (der zunehmend interessanter wird in Bezug auf Förderung!) und zum anderen die Tatsache, dass wir in erster Linie ein Kindertheater sind. Es braucht allerdings auch immer Theaterleiter*innen, die auf der Suche nach Töpfen sind. Die Teilnahme von polnischen Künstler*innen an unseren Projekten und die daraus erwachsene Zusammenarbeit wäre ansonsten einfach nicht möglich gewesen. Das ging tatsächlich nur über eine Förderung oder eben mit erheblichem finanziellen Eigenaufwand.
Der Aufwand lohnt sich!
Alle und besonders die Kinder profitieren von den Förderungen – sei es durch den BDAT, den Brandenburger Landesverband oder andere Institutionen. Durch die Technik, die wir anschaffen konnten, können die Kinder in richtiger Theateratmosphäre proben. Sie haben Licht und Ton, was sich auf ihr Spiel und ihre Motivation positiv auswirkt. Wir können Kostüme kaufen. Keiner muss in privaten Klamotten auftreten. Damit ermöglichen wir den Moment der Verwandlung in die Spielfigur. Auch die Requisiten stammen zu 90% nicht aus Privatbeständen. Am Ende profitieren die Kinder ebenso wie die Inszenierung davon. Auch mehrere Weiterbildungen konnten wir nur dank der Fördermittel durchführen. In der Regel sind es die Honorare der Dozent*innen, die oft nicht aus der eigenen Kasse finanzierbar sind. Hier gibt es viele Fördermitteltöpfe und bei der Ausbildung der Spieler*innen ist jeder Euro gut angelegt.
Ich kann jeder Theaterleitung nur empfehlen: Suchen sie passende Fördertöpfe! Es gibt nicht immer das Passende, das gebe ich zu, aber die Suche lohnt. Mitunter kommt man bei der Suche auch auf neue Ideen oder ändert einfach den Fokus des Projektes etwas, wie bei uns beispielsweise durch den deutsch-polnischen Austausch. Bei einer anderen Gruppe kann es vielleicht um Inklusion gehen oder um die Arbeit mit Kindern aus sozial schwachen Familien. Oder vielleicht befindet sich das Theater – wie wir auch – im ländlichen Raum. Es gibt viele wichtige und tolle Projekte, aber mit ein paar Fördermitteln können wir sie noch besser und bereichernder gestalten. Es muss nicht immer die große Summe X sein. Oft reichen ein paar hundert Euro!
Aber ja: Besonders die kleineren Summen sind häufig schlecht zu bekommen. Das ist leider einer der Nachteile von vielen Förderprojekten, die ich kennengelernt habe. Meistens soll es ein besonderes Projekt sein, etwas Innovatives, Neues und Einzigartiges und oft geht es auch gleich um große Fördersummen. Da geht es ab 15.000 Euro los und der Eigenanteil ist immens hoch. Die allermeisten kleinen Theater brauchen viel weniger und vor allem haben sie nicht viel Geld für einen üppigen Eigenanteil. Sie brauchen oft nur mal 1000 oder 2000 Euro für Kostüme oder Technik und das auch nicht dauerhaft, sondern lediglich ein- oder zweimal. Hier sehe ich enormen Bedarf und gutes Potenzial bei den Landesverbänden und beim BDAT. Mit der Förderung „Landluft 2.0“ war ein Schritt in diese Richtung getan und auch während und nach Corona konnten viele Bühnen oft ganz unkompliziert Gelder bekommen, auch kleine Summen. Es ging also plötzlich doch!
Am Ende wollen doch alle nur Theater spielen. Die Grundform von Theater muss machbar gemacht werden; hier muss die Förderung ansetzen: an der Idee eine Theatergruppe zu gründen, erste Hürden zu überwinden und ein Stück zu spielen. Damit es weiterhin Menschen gibt, egal ob jung oder alt, die auf die Bühne wollen, muss es einfache, passgenaue und unkomplizierte Förderungsmöglichkeiten geben.
Jede Theatergruppe kann von Fördermitteln profitieren. Klar, es geht vielleicht auch ohne, aber mit finanzieller Unterstützung geht es leichter und besser. Jede Theaterleitung sollte die Scheu vor einer Antragsstellung überwinden und einfach loslegen, denn oft klingt es komplizierter, als es wirklich ist. Soweit das Feld der Fördermöglichkeiten, so spannend auch die Suche nach dem richtigen Topf. Während sich die Theaterleitungen auf die Suche begeben, sollten die Fördermittelgeber ihre Vergabe und Abrechnung so unkompliziert wie möglich machen. Es darf nicht vergessen werden, dass die Antragssteller*innen oftmals ehrenamtliche Leitungen sind, die lieber Theater machen als mit Zahlen zu jonglieren. Diese engagierten Menschen darf man nicht verprellen – auch damit die Förderer am Ende nicht auf dem Fördergeld sitzen bleiben. Gut wäre es, wenn es mehr Möglichkeiten für kleinere Förderungen gäbe, nämlich für die Projekte, die das Theater-Rad eben nicht neu erfinden, sondern vielmehr die Räder am Laufen halten.
Unser Mitarbeiter Eno Wohlgemuth hat die Landkulturtage Landin im September 2024 besucht und seine Eindrücke in diesem Beitrag festgehalten.