„Es ist unser letzter Tag in Bochum, heute geht es zurück nach Berlin – doch daran ist noch kein Denken. Denn zuerst: Die Preisverleihung im Rathaus! Durch die großen Räume des Gebäudes gehen wir Leitende und Schüler*innen gleichsam mit staunenden Augen und Kribbeln im Bauch. „Wir gewinnen bestimmt nicht, oder? Die anderen haben so gut gespielt.“ Der Bürgermeister steht am Pult auf der Bühne, wir setzen uns angespannt auf die letzten freien Plätze. Es werden Reden gehalten, Musik gespielt. Und dann, ganz plötzlich, fällt ihr Name: „Gewonnen hat die Klasse 5C der Humboldthain-Grundschule.“ Ungläubige Köpfe drehen sich zu mir um: Kann das wirklich sein? Ein wenig verdutzt gehen die Schüler*innen auf die Bühne und erhalten ihre Urkunde mit einem immer größer werdenden Strahlen im Gesicht.“
So erinnert sich Elisabeth Graaf an die Verleihung des Fritz-Wortelmann-Preises 2023 in Bochum. Die 5C der Humboldthain-Grundschule Berlin gewann den Preis in der Kategorie Schultheater & Jugendclubs für ihre Objekttheater-Performance „BUTTER KÄSE BROT – Wir sagen tschüss!“. In der Produktion, die Elisabeth Graaf gemeinsam mit Laura Marleen Kreutz künstlerisch leitete, setzt sich die Schulklasse anhand eines langsam verschimmelnden Käsebrots mit den Themen Abschied und Tod auseinander.
Nächstes Jahr geht es wieder los, denn alle zwei Jahre findet der Fritz-Wortelmann-Preis statt: ein Wettbewerb für Figuren- und Objekttheater, veranstaltet vom Deutschen Forum für Figurentheater und Puppenspielkunst (dfp), beauftragt von der Stadt Bochum. Es gibt drei Kategorien: Professioneller Nachwuchs, Erwachsene Amateure sowie Schultheater & Jugendclubs.
Nach einem Bewerbungsverfahren (mehr Infos unten) werden aus jeder Kategorie Produktionen nach Bochum eingeladen. An einem langen Wochenende vom 18. bis 21. September 2025 treffen sich dann alle und zeigen ihre Stücke. Es geht dabei nicht nur um den FRITZ (wie er kurz genannt wird), sondern vor allem um den Austausch und das Kennenlernen der anderen Theaterbegeisterten, egal wie alt sie sind. Deshalb sind neben Partys, gemeinsamen Mittags- und Abendessen auch wertschätzende Feedbackrunden im Programm. Annegret Debitz, die das Feedbackgespräch in der Kategorie Schultheater & Jugendclubs geleitet hat, erinnert sich an einen besonderen Moment:
„Die Kinder und Jugendlichen hatten ihre Puppen, Objekte und Requisiten mitgebracht und zeigten sich gegenseitig, wie die verschiedenen Dinge zum Leben erweckt werden. Überall standen oder saßen Gruppen zusammen und dazwischen bewegten sich die Puppen durch den Raum. Das Interesse an den Arbeiten der Anderen war riesig und so ehrlich, dass ich mich spontan entschieden habe, den Rest des geplanten Feedbacks zu streichen – es war ein Selbstläufer. Die jungen Puppenspieler*innen, die sich hier zusammengefunden hatten, waren Expert*innen ihrer Kunst, die ihr Wissen mit Freude weitergegeben haben und nicht müde wurden, sich gegenseitig zu ihrer Expertise zu befragen.“
Figuren- und Objekttheater ist sehr vielseitig. Letztes Jahr waren allein in der Kategorie Schultheater & Jugendclubs ganz unterschiedliche Formen zu vertreten: Stabpuppen, Schattenspiel, Objekttheater, Klappmaulpuppen und ein live-animierter 3D-Film. Und auch wenn das Preisgeld von 4.000 Euro vielleicht an eine andere Gruppe geht, geht man trotzdem nicht leer aus. Annette Reichwald hat mit ihrer bunten Gruppe „Kasper&Covi“ in der Kategorie Erwachsene Amateure teilgenommen und war begeistert. In ihrem Stück „Die Vermissung der Welt“ behandeln sie die Corona-Pandemie mit Humor, Handpuppen und Live-Musik.
„Wer hätte gedacht, dass aus einer fixen Idee bei der morgendlichen Joggingrunde ein ausgewachsenes musikalisches Puppentheaterstück wird? Ich am allerwenigsten, und so sitzen wir plötzlich nach zahlreichen Live-Vorstellungen, zwei Jahre später als eingeschworene Gemeinschaft mit Puppenspieler*innen, Bühnenfeen, Kinderchor, Kammerorchester und Kasper, Seppel & Co. in einem Bus auf dem Weg nach Bochum zum Fritz-Wortelmann-Preis. Die Aufregung war riesengroß bei allen Beteiligten, ganz gleich ob 7 oder 68 Jahre; der Empfang so herzlich und das Publikum einfach wundervoll. In Hollywood würde man sagen, es war ein fulminanter Showdown, die letzte Vorstellung. Nun sitzen Kasper und seine Freunde in ihrer Transportbox im Keller und erinnern sich, ebenso wie wir, voller Dankbarkeit an die schöne Zeit.
Die Bewerbungsphase für den 49. Wettbewerb um den Fritz-Wortelmann-Preis startet am 1. Februar und endet am 10. April 2025.
Bewerben können sich Produktionen, die Figuren, Objekte oder Masken verwenden und/oder mit Animationsformen neuer Medien arbeiten und/oder im digitalen Raum stattfinden, wenn sie der Sparte Figuren- und Objekttheater zuzuordnen sind. Die Spieldauer darf maximal 50 Minuten betragen.
In der Kategorie Schultheater & Jugendclubs können sich Gruppen von (Musik-/Kunst-)Schulen, Theatern oder Kinder- und Jugendeinrichtungen bewerben. Als Erwachsene Amateure gelten Künstler:innen und Gruppen, die mit ihrem Schaffen nicht ihren Hauptlebensunterhalt bestreiten (auch Freie Szene oder Studierende von Studiengängen ohne Bezug zum Figurentheater).
Danke an Elisabeth
Graaf, Annegret Debitz und Annette Reichwald für ihre Erinnerungsmomente.