Geselligkeit – in dem, was in diesem Begriff steckt, findet sich unser kleiner Theaterverein wieder. Das Theater Alte Feuerwache e. V. (TAF) in Bad Nauheim lebt Geselligkeit in all ihren Facetten – sei es in einer laufenden Inszenierung, in Gesprächen während unserer regelmäßig stattfindenden Plena, beim Glühwein am Weihnachtsmarktstand unseres Freude-Vereins („Freunde des TAF“), bei unserem kleinen Theaterfestival namens Wetterauer Schultheatertage oder in gemeinsamen Treffen außer der Reihe.
Alle gemeinsam bespielen wir beim TAF Bühne und Backstage mit unseren unterschiedlichen Ideen, mit verschiedenen Stücken, Perspektiven und Menschen aus verschiedenen Generationen. Wir verbringen mit Leidenschaft Zeit für das Theater. Selbst wenn wir gerade nicht auf der Bühne spielen, drum herum denken oder werkeln, bietet unser Verein kreativen Menschen einen geschützten Raum der Geselligkeit – einen Raum, um zu kommunizieren, sich auszuprobieren, eigene Grenzen zu erkunden, über sich hinauszuwachsen, Vertrauen in sich selbst und andere Menschen zu finden.
Einst hatten wir eine eigene Spielstätte. Dort, im Badehaus 2, war die Theke der Ort des Zusammenkommens, unser Zuhause und der Platz des gemeinsamen Austauschs. Alte Bekannte, Spielwütige, Philosoph*innen, verrückte Geister, Licht- und Tondesigner*innen, Maskenbildner*innen und manchmal auch fremde Gesichter trafen sich zum Netzwerken, Feiern und Erinnerungen schaffen. Seit unserem Auszug fehlt dieser Ort, fehlt die Theke. Einige von uns haben noch den Geruch der historischen Mauern in der Nase und immer schwingt ein melancholisches „Weißt du noch…“ mit, wenn wir von „Macbeth“, dem „kleinen Horrorladen“, von
„Tote ohne Begräbnis“, „Der heiligen Johanna der Schlachthöfe“ oder der „Weihnachtssatire“ reden. Wir vermissen dieses Zuhause schmerzlich und wollen dennoch auf eine gemeinsame Gegenwart und Zukunft blicken. Neue Erinnerungen müssen her!
So kam die Idee auf, ein Bild der TAF-Theke auf einen Banner drucken zu lassen und symbolisch von Ort zu Ort wandern zu lassen. Wie einen Staffelstab geben wir die Idee des Zusammenkommens an je einen verantwortlichen Menschen aus dem Verein weiter. Wir sind doch schließlich kreative Köpfe! Und eine Idee, wann und wo und unter welchen Voraussetzungen wir uns treffen, findet sich immer. Es fällt uns schon etwas ein, um wieder gemeinsam zu lachen und gesellige Momente zu schaffen.
Unsere erste „TAF-Theke“ fand in einer alten Stammkneipe statt, ganz in der Nähe der – wie sollte es anders sein – Alten Feuerwache. Dort hat alles angefangen vor knapp 36 Jahren – als Schultheatergruppe. Seit 1989 machen wir also gemeinsam Theater. Auf der Bühne geht es oft um die ganz großen Themen wie Krieg und Frieden, Feminismus und toxische Männlichkeit, Ausgrenzung und Identität, Liebe und Hass, Konservatismus, Faschismus und Demokratie, Religion und Menschlichkeit. So sind wir auch hinter den Kulissen stets kritisch und bleiben im Gespräch. Auch an diesem besonderen Abend der ersten TAF-Theke. In der Nähe der Alten Feuerwache konnten wir gemeinsam anstoßen und mal wieder Zeit miteinander verbringen.
Ein Gedanke folgte dem nächsten, lange nicht gesehene Menschen tauchten auf, es entstanden Gespräche über Songtexte, über Vergangenes, alkoholfreier Gin Tonic wurde getestet, Flammkuchen für lecker befunden. Schließlich ging es auch um die neueste Produktion „Emilia Galotti – Keine Zeit zu sterben“. Teils überrascht und voller Vorfreude wurde festgestellt, dass diese Inszenierung, die die tragische Figur der Emilia am Ende nicht durch Verstrickungen männlicher Macht fremdgesteuert sterben lässt, in der Alten Feuerwache gespielt wird. Wieder ein großes Thema, wieder getragen von unseren kritischen Gedanken, wieder in einem wohl bekannten Raum.
Nun finden in regelmäßigem Turnus neue TAF-Theken statt. Die zweite Idee gestaltete sich schaurig-schön: Eine kleine Gruppe traf sich, um gemeinsam an Halloween im Dunkeln zu einer Waldhütte zu laufen und dabei Süßes zu naschen. Im Januar geht es mit der TAF-Theke weiter und bis dahin spielen wir „Emilia Galotti“ und sehen uns am Weihnachtsmarktstand unseres Freunde-Vereins.
Wir erschaffen unsere Zukunft und füllen sie auf mit neuen Momenten. Geselligkeit funktioniert nicht nur im melancholischen Rückblick, sondern erst recht im freudigen und in unserem besonderen Fall stets kritischen Blick nach vorne.
Das TAF hat nicht nur bei unserer Fotoaktion 2025 mitgemacht, sondern auch gewonnen! Ein wirklich tolles Foto, das bei den Wetterauer Schultheatertagen entstanden ist, ist das Cover unseres Printmagazins „Spiel und Bühne“ zum Themenschwerpunkt „Geselligkeit“ geworden. Hier mehr erfahren!