
Der Bund Deutscher Amateurtheater e.V. (BDAT) schrieb 2016 zum vierten Mal einen bundesweiten dotierten Preis für folgende Sparten aus:
- // Schauspiel
- // Kinder- und/oder Jugendtheater
- // Seniorentheater
- // Musik-, Tanz- oder Bewegungstheater
- // Offene Theaterformen
Ziel ist es, die hohe Qualität und die vielfältige Schaffenskraft des Amateurtheaters der Öffentlichkeit vorzustellen und über die künstlerische Arbeit den gesellschaftlichen Diskurs anzuregen. Es werden Preisgelder in Höhe von insgesamt 10.000 Euro vergeben. Bewerben konnten sich alle nicht professionellen Ensembles der Darstellenden Kunst mit Inszenierungen, die zwischen dem 1. Februar 2014 und 1. Februar 2016 Premiere hatten oder haben.
Das Preisträgerfestival fand vom 22. bis 24. September 2016 in Offenbach am Main (Hessen) statt.
amarena 2016
Sparte Schauspiel
Cammerspiele Leipzig (Sachsen) //
„Die (Selbst)Natürlichen“ nach Denis Diderot

// Das Stück
Dorval, der tugendhaft Falsche – Clairville, der emotional Brutale – Theresia, die souverän Einsame – Rosalia, die unschuldig Furiose: immerfort auf der Suche nach dem eigenen Selbst, verlieren die vier schon bald Zeit und Faden aus den Augen. Dabei liebt er sie doch – und sie liebt ihn. Aber was soll man machen? Er will sie ja auch – und sie will ja auch ihn. Scharaden der Stutenbissigkeit und Balladen brüderlicher Herzenswärme. In Spiralen laufen sie um das Glashaus, das sie ihr Leben nennen, verstricken sich bald in der Leere ihrer Worte und vergehen in der schwarzen Hysterie, die alltäglichen Werte aufrecht zu erhalten – ein Sisyphusspiel der Intrigenarbeit. Und der witzsüchtige Spinner, der heimlich die Strippen zieht, kommt dabei voll auf seine Kosten. Am Ende steht die Frage: Was ist natürlich, wenn eine Leiche ein Auge zukneift?
// Das Ensemble
Die CAMMERSPIELE sind Bühne und Möglichkeitsraum für innovative, junge Theatermacher aus Leipzig. Das Programm reicht von zeitgenössischen Inszenierungen moderner und klassischer Werke über Stückentwicklungen bis zu Performances und experimentellen Formaten. Gastspiele aus dem deutschsprachigen Raum und Europa, monatliche Impro-Shows, Sommertheater und Weihnachtsstück ergänzen den vielfältigen Spielplan. Die Zuschauer werden in den CAMMERSPIELEN Teil eines gemeinsamen, oft intimen Theatererlebnisses, denn im kleinen Saal des freien Theaters sind Geschehen und Spieler ganz nah dran. Außergewöhnliche Konzepte und neue Ausdrucksformen treffen dabei auf aktuelle Fragestellungen. Theater am Puls der Zeit!
Sparte Seniorentheater
Theater Uhu, Bonn (Nordrhein-Westfalen) //
„Der Besuch der alten Dame“ von Friedrich Dürrenmatt

// Das Stück
Güllen, ein marodes Kaff. Die Güllener, durchaus nicht bösartig. Arm, aber nicht ohne Hoffnung. Der Besuch der Milliardärin Claire Zachanassian eröffnet die Hoffnung auf ein neues Leben. Claire aber möchte nicht helfen, sondern sich rächen. Seinerzeit spielte Claires Jugendliebe Alfred ihr übel mit, nun fordert sie Gerechtigkeit. „Ich kann sie mir leisten. Eine Milliarde für Güllen, wenn jemand Alfred Ill tötet.“ Aus anfängerlicher Empörung über das unmoralische Angebot wird stillschweigendes Arrangieren, moralisches Aburteilen von Alfreds Jugendsünde und Ausgrenzen sowie schließlich unverhohlene Geld- und Mordgier. Korruption, das zeigt Dürrenmatt in seiner gesellschaftlichen Versuchsanordnung, ist ein schleichendes Gift. Und niemand kann für sich behaupten, dass er dagegen resistent wäre. Der Autor jedenfalls schrieb als Mitschuldiger.
// Das Ensemble
Im August 2008 wurde die „U100-Theatergruppe“ des Kulturzentrums Brotfabrik Bonn gegründet und nutzt seither deren Bühne als Aufführungsort. Bei Theater Uhu können alle unter hundert („U-hu“), in der Regel ab dem zweiten Frühling, mitmachen. Bei den Akteuren handelt es sich um theaterbegeisterte Amateure mit ihren ganz speziellen, individuellen Befähigungen und Lebensgeschichten. Punktuell werden die Uhus von Profis unterstützt: Sie arbeiten seit Theatergründung mit dem Regieteam Volker Maria Engel (Bearbeitung, Regie) und Sandra Van Slooten (Dramaturgie, Ausstattung) zusammen. Das „reife“ Ensemble sucht auch den Austausch mit der jüngeren Generation und baut verschiedentlich je eine dieser Personen in ihre Produktionen ein: Schauspielschüler oder Absolventen einer Schauspielschule, Jugendliche oder Personen mittleren Alters.
Die Gruppe Theater Uhu bevorzugte bisher eher klassische Textvorlagen verschiedener Genres und verfolgte mit dem Regisseur stets Inszenierungen, die den Bezug zu Älteren in der Jetztzeit herausarbeiteten.
Sparte Kinder- und Jugendtheater
Piccolo Theater Cottbus (Brandenburg) //
„TOUCH DOWN“, Eigenproduktion

// Das Stück
Der Piccolo Theater Jugendklub hat sich in der Spielzeit 2013/2014 mit dem Thema Rollenbilder und Sexismus auseinandergesetzt und ist im Zuge der Recherchen auf einen Fall aufmerksam geworden, der sich am 11. August 2012 in Steubenville, Ohio, zwischen zwei Jungs und einem Mädchen abgespielt hat. Die beiden Jungs hatten die betrunkene 16-Jährige an diesem Abend von Party zu Party geschleppt und immer wieder vergewaltigt. Das ganze Geschehen wurde fotografiert, gefilmt, ins Netz gestellt und dort von anderen Jugendlichen zeitgleich kommentiert. Der Piccolo Jugendklub versucht die Geschichte zu rekonstruieren und beleuchtet Hinweise und Ansätze einer „Vergewaltigungskultur“ in der westlichen Welt, die von eindimensionalen Männer- und Frauenbildern geprägt und gesamtgesellschaftlich produziert und gefördert wird.
// Das Ensemble
Der Theaterjugendklub bildet die Altersspitze der theaterpädagogischen Angebote des Piccolo Theaters. Hier arbeiten Jugendliche zusammen, die schon mehrere Jahre in anderen Piccolo Gruppen aktiv waren, der Theater Jugendklub ist aber auch von außen zugänglich. Die Mitglieder sind 14 bis 21 Jahre alt. Jedes Jahr wird ein Theaterstück inszeniert, das auch im regulären Spielplan des Theaters erscheint und sich immer mit Themen von Jugend und Jugendlichen beschäftigt. Seit 2006 wird der Jugendclub von Matthias Heine geleitet. Mit den Mitteln des Theaters entwickelt der Jugendklub Eigenproduktionen und Textbearbeitungen. Das neue Projekt beginnt jeweils im August und wird im April des nächsten Jahres uraufgeführt. Dabei wird aus pädagogischer Sicht sehr viel Wert auf kreative Eigeninitiative der Teilnehmer gelegt. Die Texte und die Inszenierungsideen werden gemeinsam entwickelt.
Sparte Musik-, Tanz- oder Bewegungstheater
Leipziger Tanztheater Juniorcompany der Älteren (Sachsen)//
„Ich bin. Aber ich habe mich noch nicht.“ von Bettina Werner

// Das Stück
Die neuen Medien sind nicht mehr neu. Als fester Lebensbestandteil beeinflussen und verändern sie YouTube, Facebook, Instagram und Co. unseren Alltag, besonders den der jungen Generation. Die virtuelle Welt scheint sich längst nicht mehr von der realen trennen zu lassen. Wie sich Jugendliche in diesen Welten bewegen und welchen Möglichkeiten sie dort begegnen, bringt Choreografin Bettina Werner in ihrem Tanzstück „Ich bin. Aber ich habe mich noch nicht.“ auf die Bühne. Neben Inspiration aus verschiedenen literarischen Werken fließen persönliche Erfahrungen der siebenundzwanzig 14 bis18-jährigen LTT-Tänzer in das Stück ein. Gefühle und Gedanken um medial vermittelte Vorbilder und um die individuelle Suche nach Glück inszeniert Werner für ihre Tänzer in einem Bühnenbild, in dem Kuben und Videoprojektionen die räumliche Dimension der Bühne erweitern.
// Das Ensemble
Die Juniorcompany der Älteren ist eine von drei Companies des Leipziger Tanztheaters. Sie wird zweimal wöchentlich in Klassischem und Modernem Tanz unterrichtet. Das Leipziger Tanztheater (LTT) ist zum einen Ausbildungsstätte für zeitgenössischen Tanz und zum anderen Produzent von Tanztheaterstücken. In den Juniorcompanies tanzen Kinder und Jugendliche von 6 bis 18 Jahren, die im LTT eine fundierte tänzerische Ausbildung bekommen und mit ihren Tanztheaterstücken regelmäßig Aufführungen an unterschiedlichen Bühnen der Stadt geben, darunter das Schauspielhaus Leipzig und das Werk 2, Kulturfabrik. Unter der künstlerischen Leitung von Bettina Werner setzen sich die Tänzer der Juniorcompany der Älteren (14 bis 18 Jahre) mit aktuellen gesellschaftlichen Themen auseinander und übersetzen das Erarbeitete in die innovative künstlerische Ausdrucksform „Tanztheater“.
Sparte Offene Theaterformen
HEYOKA-THEATER, Ulm (Baden-Württemberg) //
„walking in between” von Eva Ellerkamp

// Das Stück
Wo kommen wir her, wo gehen wir hin und was passiert dazwischen? Geburt, Tod, der Wechsel zwischen den Welten. Können wir uns schon in diesem Leben ein paar Schritte in den Grenzbereich hineinbewegen, einen Blick werfen auf die andere Welt, außerhalb unseres alltäglichen Bewusstseins?
Wir haben uns auf eine Forschungsreise zum Thema Tod und Sterben begeben, die uns zu einer zentralen Frage geführt hat: Wozu bin ich auf der Welt? Entstanden ist eine Collage aus Erinnerungen, Reiseberichten aus der Welt dazwischen und der Freude, am Leben zu sein. Durch die Heterogenität der Mitwirkenden entstanden viele unterschiedliche Sichtweisen und Ideen mit dem Thema umzugehen, die es den Zuschauern ermöglichen, sich selbst auf die Reise zu begeben, sich den Fragen zu stellen und mit einem lachenden und einem weinenden Auge vielleicht auch Antworten zu finden.
// Das Ensemble
Der Begriff „Heyoka“ stammt aus der Sprache der nordamerikanischen Lakota. In der Kultur der Plainsindianer hatten die Heyoka die Aufgabe, die gewohnte Form des Zusammenlebens immer wieder in Frage zu stellen. Auch „Contrairies“ genannt, stellten sie zum Beispiel den Arbeitsrhythmus auf den Kopf, spielten verrückt und brachten eine heilsame Unordnung in den Alltag. Dieses Anderssein, das die Normalität in Frage stellt, ist das Leitbild des Heyoka-Theaters. Das Heyoka Theater e.V. ist ein professionell angeleitetes integratives Theater, in dem Menschen mit Behinderung und Menschen mit psychischen Erkrankungen, aber auch theaterbegeisterte Laien, Teil von Produktionen sind, die einen gleichberechtigten Platz im offiziellen Kulturangebot haben und dieses sowohl künstlerisch als auch inhaltlich ergänzen und bereichern. Davon können alle profitieren. Die Vorstellungen geben Anlass zu Gespräch und Diskussion, Vorurteile können hinterfragt und neue Sichtweisen ermöglicht werden.
Sparte Schauspiel
// Cammerspiele Leipzig: „Die (Selbst)Natürlichen“ nach Denis Diderot
// Jakobus-Theater in der Fabrik, Karlsruhe: „Creeps“ von Lutz Hübner
// Theatergruppe Spielbrett, Dresden: „Heimatabend – EinTauchversuch“, Eigenproduktion
Sparte Seniorentheater
// Seniorentheater in der Altstadt (SeTA), Düsseldorf: „Katzelmacher“ von Rainer Werner Fassbinder
// synovia, Seniorentheatergruppe am Consol Theater Gelsenkirchen: „Ich bin nur vorübergehend hier“ von Tankred Dorst
// Theater Uhu, Bonn: „Der Besuch der alten Dame“ von Friedrich Dürrenmatt
Sparte Kinder- und/oder Jugendtheater
// Piccolo Theater Cottbus: „TOUCH DOWN“, Eigenproduktion
// spinaTheater, Solingen: „Fremd.Körper”, Eigenproduktion
// Die SCHOTTE, Erfurt: „ANTIGONE“ von Sophokles
Sparte Musik-/Tanz- oder Bewegungstheater
// Freilichtbühne Coesfeld: „Addams Family“, Musical von Marshall Brickman und Rick Elice / Musik und Songtexte von Andrew Lippa
// Leipziger Tanztheater Juniorcompany der Älteren: „Ich bin. Aber ich habe mich noch nicht.“ von Bettina Werner
// Quertänzer Borna: „Carmina Burana“ von Silvia Schuhknecht
Sparte Offene Theaterformen
// HEYOKA-THEATER, Ulm: „walking in between” von Eva Ellerkamp
// theater der stadt, Gotha: „alles beginnt chaotisch oder wenn wir worte wären – eine textinstallation“ von Vinzenz Damm, Titus Offhaus und Lisa Wagner
// stellwerk – junges Theater Weimar: „Ihr Lieben, viel zu weit Entfernten – Briefe von Louise Jacobson“ von Conny Frühauf

Rainer Mennicken (Vorsitz) // Intendant Landestheater Linz
Martin Bretschneider // Schauspieler/Moderator/Theaterpädagoge
Prof. Dr. Romi Domkowsky // Professorin für Theaterpädagogik an der Evangelischen Hochschule Berlin/Stellvertretende Vorsitzende der BAG Spiel & Theater
Frank Grünert // Kuratoriumsvorsitzender amarena/Vizepräsident BDAT/Vorsitzender Thüringer Theaterverband
Prof. Dr. Günther Heeg // Geschäftsführender Direktor Institut für Theaterwissenschaft Universität Leipzig
Stephan Schnell // Bildungsreferent BDAT/Regisseur/Theaterwissenschaftler
Bronwyn Tweddle // Dozentin für Theater, Victoria University of Wellington, Neuseeland
Norbert Niclauss // BKM – Referat für Musik, Darstellende Künste, Sonderbereiche der Beauftragten für Kultur und Medien (Beisitzer)
amarena Navigation
Die Sparte „Seniorentheater“ wird gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und ist Bestandteil des Programms „Altersbilder“ unter dem Motto „Altersbilder auf der Bühne – was heißt schon alt?“.
Info & Kontakt:
Bund Deutscher Amateurtheater e. V.
Melvin Neumann
amarena – Deutscher Amateurtheaterpreis
Innovationsförderung
Senior*innentheater
Lützowplatz 9 // 10785 Berlin
Fon 030 263 98 59 - 17
Fax 030 263 98 59 - 19
neumann@bdat.info
www.bdat.info
Kooperationspartner:
Landesverband Hessischer Amateurbühnen e. V
Theaterclub Elmar (Ausrichter vor Ort)