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Abschied von Gerhart Kraner

Foto Archiv LABW
Gerhart Kraner, Künstler und leidenschaftlicher Streiter für das Theater, starb nach langer Krankheit am 26. April im Alter von 78 Jahren. In Donzdorf, Baden-Württemberg, Deutschland und weltweit trauern die Menschen nicht nur um einen kreativen und produktiven Theatermacher, sondern um einen Freund. Unsere tiefe Anteilnahme gilt seiner Familie.
Gerhart Kraner gründete 1975 das Aktionstheater Donzdorf und rief 1992 die Internationalen Theatertage in Donzdorf ins Leben. Er war von 1984 bis 2013 Künstlerischer Leiter des Landesverbandes Baden-Württemberg. Auf Landes- und Bundesebene war er ein maßgeblicher Akteur bei der Entwicklung der Fortbildungsprogramme.
Für sein großes Engagement wurde er zum Ehrenmitglied des Landesverbandes ernannt und erhielt 2013 die Goldene Maske des Bundes Deutscher Amateurtheater (BDAT). Bereits 2006 wurde Gerhart Kraner mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet. Diese Ehrungen und Auszeichnungen sind anerkennender Ausdruck für Gerhart Kraners besonderes künstlerisches Schaffen und Wirken. Ihm ging es vor allem um die Überwindung von Grenzen. Davon zeugten bereits die ersten experimentellen Theateraktionen des Aktionstheaters Donzdorf, in denen sich Bildende und Darstellende Kunst, Beruf und Leidenschaft verknüpften. Als Künstler und Theaterlehrer blieb er immer ein wissbegierig Suchender und neugierig Lernender; so erweiterte sich das Spektrum von Genres, Theaterformen und Dramaturgien. Theater und Kunst waren für ihn entscheidende Wege, gesellschaftliche und politische Grenzen zu thematisieren und zu überschreiten, um zu einer anderen Vision von Menschlichkeit zu gelangen.
Als es in den 90er Jahren um den Dialog und das Zusammenkommen des ostdeutschen mit dem westdeutschen Amateurtheater ging, war Gerhart Kraner eine wichtige Stimme, die das Verbindende betonte ohne das Trennende zu überhören. Der Wunsch nach Theater im Austausch führte ihn mit dem Aktionstheater zu zahlreichen Spielbegegnungen im In- und Ausland und schließlich zur Idee eines internationalen Theaterfestivals in Donzdorf. Der künstlerische Dialog mit Freunden, die kreative Verbindung mit anerkannten Gruppen aus dem internationalen Netzwerk und die Inspiration durch neue, noch unbekannte Theatergruppen, formten und formen das besonderen Konzept, das durch Theater Brücken der Vielfalt baut. Als Künstler wusste Gerhart Kraner, dass die Sprache des Theaters nicht auf das gesprochene Wort beschränkt bleibt. Beispielhaft dafür steht die über zwanzig Jahre währende Theaterkooperation mit dem Theater „Poesie und Drama“ aus Odessa mit seinen konsequent gemischt-sprachigen Inszenierungen.
Gerhart Kraner lebte Theater immer von der Kunst her, als eine Bewegung ins nicht vertraute, ungesicherte Gelände. Theaterkunst musste nach seiner Überzeugung in gesellschaftlichen und politischen Kontexten verankert sein. Diese Position vertrat er lautstark und mit Verve und forderte auch hier den Austausch, gerne ohne Rücksicht auf den eigenen Nutzen oder verbandliches und kulturpolitisches Porzellan.
Gerhart Kraner war ein bedingungsloser Streiter für eine Amateurtheaterkunst sui generis.
Deine Stimme wird fehlen! Danke Gerhart!
Stephan Schnell
BDAT Bildungsreferent