
14.000 Euro für besondere Ausstattungs-Projekte im Amateurtheater
2021 schrieb der Bund Deutscher Amateurtheater (BDAT) die amarena Innovationsförderung mit dem Förderschwerpunkt „Ausstattung“ aus. Das seit 2011 agierende Förderprogramm konnte unter 49 Bewerbungen aus dem gesamten Bundesgebiet auswählen. Das Kuratorium unter dem Vorsitz von Frank Grünert, Vizepräsident des BDAT, vergab eine Gesamtfördersumme von 14.000 Euro.
Bewerben konnten sich Theater-, Tanz und Performanceprojekte, die neue Praxis- und Aktionsformen im Amateurtheater erproben. Beantragt werden konnten Mittel für Amateurtheaterprojekte, die sich durch ein besonderes Konzept im Bereich Ausstattung auszeichnen. Insbesondere die Bereiche Kostüm- und Bühnenbild sowie Maske sind im Amateurtheater von besonderer Bedeutung. Fantasievolle Welten, historisch korrekt ausgestattete Figuren und spektakuläre Bühnen prägen das Bild zahlreicher Inszenierungen. „Mit dieser Förderung soll diesen Gewerken eine besondere Aufmerksamkeit und Würdigung geschenkt werden. Die Zahl der Bewerbungen zeigt, dass auch während der Corona-Pandemie die Amateurtheater z. B. durch die Umsetzung spannender Ausstattungskonzepte weiter kreativ und schöpferisch tätig bleiben“, fasst Kuratoriumsvorsitzender Frank Grünert zusammen.
Das amarena Kuratorium wählte folgende Projekte für eine Förderung aus:
// „EMB*RACE your Crown* – die Krone Bleibt auf!“ // Lukulule (Hamburg)
// „Herr der Fliegen“ (AT) // The Beautiful Minds (Nordrhein-Westfalen, Köln)
// „Lumpen! Papier!“ // Theater unter der Dauseck (Baden-Württemberg, Oberriexingen)
// „Grashüpfer und Wal haben einen Plan“ // Theater- und Kulturwerkstatt Haldern
(Nordrhein-Westfalen)
IDie Maßnahme wird gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM).
„EMB*RACE your Crown* – die Krone Bleibt auf!“ // Lukulule (Hamburg)
In dem Recherche- und Performanceprojekt „EMB*RACE your Crown* – die Krone Bleibt auf!“ (Lukulule) setzen sich zehn junge Hamburgerinnen mit der Kolonialgeschichte auseinander. Neben dem forschenden Blick auf die Vergangenheit und dem Fokus auf weibliche Vorbilder im antikolonialen Widerstand, wollen die Teilnehmerinnen auch den Status quo, die eigenen Biografien und die persönliche Lebenswirklichkeit, befragen. Für die Ausstattung des Projektes wollen sich die Theaterschaffenden mit den Geschichten von zehn (west-)afrikanischen Königinnen auseinandersetzen und sich dabei auf die Suche nach individuellen Materialien, Symbolen, Farben und Kleidungsstücken begeben. Das Projekt möchte gleichsam thematisieren, dass die Haare und Frisuren schwarzer Frauen eine wichtige kulturelle Bedeutung tragen und nach wie vor hochpolitisch sind. „Haare sind mit Kronen gleichgestellt“, heißt es in den Ausführungen der Projektbeschreibung und sozusagen auch als Subtext des Titels, der zugleich ein Statement ist: Embrace your Crown!
Ganz im Sinne der amarena Innovationsförderung wird die Ausstattung in diesem Konzept zu einem zentralen Element der thematischen Verhandlung und der künstlerischen Umsetzung. Eine Besonderheit ist zudem, dass sich die Theaterschaffenden der Umsetzung des Masken- und Kostümbildes aus einer afrofuturistischen Perspektive nähern wollen, d. h., dass tradierte Elemente adaptiert und durch futuristische Elemente und Materialien erweitert und verändert werden. Diese Herangehensweise ist mutig und progressiv und in gewisser Weise auch ein Sinnbild für die starke Projektstruktur, die den Blick auf die Vergangenheit mit der jugendlichen Gegenwartsperspektive vereint. Auf diese Art und Weise mit den Elementen des Masken- und Kostümbildes zu arbeiten, lässt sich nicht zuletzt als künstlerisch-kreativer Aktionismus verstehen, der übrigens auch nicht an einem beliebigen Ort, sondern ausgerechnet im Altonaer Museum eine Bühne findet.
Ein weiterer Aspekt, den das Kuratorium herausstellen und unterstützen möchte, ist die Hoffnung der Initiator*innen, zum Empowerment junger Frauen beizutragen sowie Forschungs- und Vermittlungsformate zu erproben, die sich (post-)kolonialen Diskursen und nicht zuletzt rassismuskritischer Theaterarbeit widmen.
Julian Baufeldt (amarena Kuratoriumsmitglied)
Lumpen! Papier! // Theater unter der Dauseck Oberriexingen (Baden-Württemberg)
Ganz gezielt sollen im Rahmen dieses Projektes Ausstattungen (Kostüm- und Bühnenbild, Maske sowie Film, Licht & Ton) gefördert werden. Das Ensemble wagt einen Theaterspaziergang im öffentlichen Raum, der besonders Menschen mit wenigen Erfahrungen in der Rezeption von Theater einen außergewöhnlichen Zugang bietet. In dem Projekt wirken Kinder und Jugendliche mit, aber auch ältere Menschen mit und ohne Behinderung und unterschiedlichster Profession.
Eine lebendige Theaterwelt entsteht insbesondere durch die Kostümierung von realen Figuren sowie Naturwesen (Neck, Nixe, Mühlenwicht), wobei großer Wert auf die Kreativität gelegt wird, unter Berücksichtigung von Gestaltungselementen, die auf die jeweiligen Figuren bezogen sind.
Kooperationspartner ist die Ludwig-Heyd-Schule Markgröningen. Hier werden in der vierten Klasse, im Rahmen des Kunstunterrichtes und unter Anleitung einer professionellen Bühnen- und Kostümbildnerin, Papierobjekte hergestellt, die als Requisite im Stück zum Einsatz kommen. In den Räumlichkeiten der VR-Bank Asperg-Markgröningen ist eine Fotodokumentation des Projekts vorgesehen.
Jürgen Peter (amarena Kuratoriumsmitglied)
Termine: Theaterspaziergang „Lumpen! Papier!“ ab Freitag den 9. Juli bis zum 1. August 2021
Weitere Informationen unter www.theater-dauseck.de
Herr der Fliegen (AT) // The Beautiful Minds (Köln, Nordrhein-Westfalen)
Das gemeinnützige Theaterkollektiv The Beautiful Minds nutzt William Goldings Roman „Herr der Fliegen“ als Ausgangspunkt für die Entwicklung einer interaktiven Theaterperformance mit Jugendlichen im Kölner Kulturzentrum Odonien. Gemeinsam mit den Teilnehmenden soll die These erkundet werden, ob der Mensch von Natur aus böse ist und sich das Recht des Stärkeren durchsetzt, sobald die Regeln einer Zivilisation außer Kraft gesetzt werden. Dabei wird die Handlung in die noch ungewisse Zukunft der Jugendlichen verlegt.
Die überzeugende Gesamtkonzeption sieht eine Einbindung der jungen Menschen in allen kreativen Bereichen der Produktion vor und fördert dadurch ihre persönlichen, sozialen und ästhetischen Fähigkeiten. Die Jugendlichen bringen nicht nur ihre eigenen Biografien ein, sondern erarbeiten auch in Workshops unter fachlicher Anleitung Videos, Tonaufnahmen und die futuristische Ausstattung. Die so entstehenden individuellen Kostüme werden die einzelnen Geschichten der Teilnehmenden widerspiegeln und greifen gleichzeitig den Gedanken einer Welt von morgen auf.
Manuela Morlok (amarena Kuratoriumsmitglied)
Grashüpfer und Wal haben einen Plan // Theater- und Kulturwerkstatt Haldern (Rees, Nordrhein-Westfalen)
Das Besondere der Theater- und Kulturwerkstatt Haldern ist die Bandbreite der beteiligten Akteur*innen. Alt und Jung, Kindergartenkinder sowie Menschen mit und ohne Behinderung gehen ihrem gemeinsamen Hobby – Theaterspiel, Musik und Ausdruckstanz – nach. Besonders ist hier die Übersetzung in Gebärdensprache, die ein bedeutsamer Teil der Aufführung wird.
In diesem Projekt geht es um Plastikmüll im Meer, ein aktuelles, brennendes Thema im Rahmen von Müllvermeidung und Klimaschutz. Inszeniert werden soll eine kleine, kindgerechte Geschichte, die zeigt, welche Probleme der Müll vom Strand-Kiosk des Grashüpfers im „Garten“ des Wals verursacht. Gemeinsam überlegen die beiden, wie sie das Müllproblem lösen können und probieren verschiedene Möglichkeiten aus.
Die Gruppe teilt sich Corona-bedingt in vier Kleingruppen und erarbeitet die Thematik in den verschiedenen Bereichen Spiel, Musik, Tanz und Gebärdensprache. Die einzelnen Ergebnisse werden nach der Erarbeitung zusammengeführt. Integriert werden Video-Aufzeichnungen aus anderen Lebenszusammenhängen, die als Einspielorte mit auf die Bühne gebracht werden. Ziel ist es, aus den Lebenszusammenhängen der Beteiligten und mit vertrauten Medien, wie z. B. Videoeinspielungen, die Lebenswelten auf die Bühne zu holen und den Ernst der Lage zu dokumentieren. Auf diesem Weg werden die Kinder und Jugendlichen wie auch die Zuschauer*innen sensibilisiert und motiviert, eigene Lösungsstrategien umzusetzen.
Ein Theaterstück aus dem Leben unter Corona-Bedingungen – für das Leben mit einfachen Möglichkeiten von Müllvermeidung und Selbstverantwortlichkeit, ohne mit dem erhobenen Zeigefinger zu arbeiten. Menschen in den verschiedenen Altersgruppen, die ihre Fähigkeiten präsentieren in einem gemeinsamen Theaterstück – das macht Lust auf mehr!
Grit Feller (amarena Kuratoriumsmitglied)

amarena Kuratorium:
Frank Grünert | Kuratoriumsvorsitzender amarena / Vizepräsident BDAT / Vorsitzender Thüringer Theaterverband / Regisseur / Schauspieler |
Julian Baufeldt | Theaterpädagoge & Webvideoproduzent / BAG Spiel & Theater |
Grit Feller | Regisseurin Theaterclub Kattendorf |
Manuela Morlok | Kulturwissenschaftlerin und Theaterpädagogin am Volkstheater Rostock / Vorstandsmitglied im Landesverband Spiel & Theater Mecklenburg-Vorpommern |
Dr. Marcus O. Klein | Kultur- und Bildungsmanager, Spielleiter / Landesverband Amateurtheater Schleswig-Holstein |
Jürgen Peter | Regisseur / Vizepräsident Verband Bayerischer Amateurtheater |
Dr. phil. Birte Werner | Programmleiterin Darstellende Künste an der Bundesakademie für Kulturelle Bildung Wolfenbüttel / Dramaturgin |
Isa Kathrin Edelhoff | BKM, Referat für Musik, Darstellende Künste, Sonderbereiche (nicht stimmberechtigt) |
Dominik Eichhorn | BDAT-Bildungsreferent / Medienwissenschaftler / Theater- und Kulturvermittler / Regisseur (nicht stimmberechtigt) |
Info & Kontakt:
Bund Deutscher Amateurtheater e. V.
Melvin Neumann
amarena – Deutscher Amateurtheaterpreis
Innovationsförderung
Senior*innentheater
Lützowplatz 9 // 10785 Berlin
Fon 030 263 98 59 - 17
Fax 030 263 98 59 - 19
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